Drehrichtung der Flügel
Warum drehen sich die Mühlenflügel entgegen dem Uhrzeigersinn?
Viele Mühlenfreunde stellen uns Freiwilligen Müllern während einer Führung immer wieder die Frage, warum sich die Flügel von Windmühlen stets in einer bestimmten Richtung drehen. Manchmal hört man die Vermutung, dass die Drehrichtung etwas mit der Stärke und der Richtung des Windes zu tun haben könne. Und auch der Mond und die Sonne mussten mit ihrer Bewegung am Firmament dafür herhalten, eben durch diese Bewegung die Windstärke zu beeinflussen. Ein schlauer Beamter aus Ostrhauderfehn beschwerte sich sogar nach dem Wiederaufbau der Idafehntjer Mühle, dass wir die Flügel verkehrt herum drehen lassen würden.
Der verstorbene Müllermeister Josef Schoo aus Meppen schrieb hierzu in dem Heft „Der Mühlstein“ (Ausgabe 2/2007) folgendes:
Wenn man in die Mühlenhistorie geht, so kann man feststellen, dass sich die Windmühlenflügel ursprünglich im Uhrzeigersinn drehten, betrachtet von der Position vor der Mühle, also von der Seite, auf der sich die Mühlenflügel gerade drehen. Das Drehen im Uhrzeigersinn kannte man von den uralten Handdrehmühlen und behielt dies bei den größeren Nachfolgetypen, den Windmühlen, bei. Als Beweis für diese Drehrichtung können alte Mühlsteine dienen, die allesamt die sogenannte „Rechtsschärfe“ aufweisen, d.h. die Mahlfurchen waren so aus dem Stein herausgeschlagen, dass sie das Korn nur vermahlten, wenn die Windmühlenflügel sich rechtsherum im Uhrzeigersinn drehten.
Etwa ab der Mitte des 18.Jahrhunderts fand als technische Neuerung die Königswelle zunehmend in den größer werdenden Windmühlen Verwendung, insbesondere auch bei Mühlen mit steinernem Unterbau wie den Holländerwindmühlen. Die Königswelle hatte den Vorteil, dass man durch eine zusätzliche Übersetzung mehrere Mahlgänge parallel betreiben konnte. Durch diese zusätzliche Übersetzung hätten sich nun aber auch die Mühlsteine andersherum, also linksherum gegen den Uhrzeigersinn drehen müssen, was eine „Linksschärfe“ der Mühlsteine vorausgesetzt hätte. Darauf verzichtete man jedoch, behielt die „Rechtsschärfe“ bei und ging dazu über, die Drehrichtung der Mühlenflügel umzukehren – von nun an drehten sich die Mühlenflügel der Mühlen mit Königswellen gegen den Uhrzeigersinn (Standort des Betrachters: wiederum von der Seite vor den Flügeln).
Die Bockwindmühlen, die ohne Königswelle arbeiten, benötigten keine Veränderungen der Drehrichtung des Flügelkreuzes. So behielten fast alle Bockwindmühlen ohne Königswelle, die Zwecken der Kornvermahlung dienten, ihre ursprüngliche Rechtsdrehung bei.
Von den Mühlen, die sich gegen den Uhrzeigersinn drehten, sagte man früher, sie „drehen sich falsch herum“ und seien von der Windsteuer befreit. Man entschied sich also für die Rechtsdrehung. Für den Mühlstein war es ohnehin egal, ob er sich rechts- oder linksherum drehen sollte. Nur dann, wenn ein abgenutzter Mahlstein durch einen neuen ersetzt werden musste, musste er der Drehrichtung der Mühlenflügel entsprechend geschärft werden.
Oftmals geschah es auch, dass auf den neuen Stein die Mahlfurchen neu aufgezeichnet und eingehauen werden mussten, sofern der Stein vorher in einer andersherum drehenden Mühle zum Einsatz gekommen war. Denn man konnte in einem Mahl- oder Schrotgang keine gleichlaufenden Drehrichtungen zusammenlegen.
Von der Windsteuer befreite Mühlen – lag der Grund für diese Befreiung vielleicht nicht in der Drehrichtung per se, sondern darin, dass man kleinere Mühlen mit dieser steuerlichen Befreiung entgegenkommen wollte, zumal man mit kleineren Mühlen eben auch nur kleinere Umsätze und geringere Gewinne erzielen konnte? Auch das wäre denkbar.